Elefanten Hautnah
Am späten Vormittag verlassen wir Katima Mulilo in Richtung Südosten. Um von Namibia nach Zimbabwe zu gelangen müssen wir zuerst den nördlichsten Zipfel Botswanas durchqueren. Bis auf Bargeld in Landeswährung sind wir bestens für den Grenzübertritt gerüstet. Die Ausreise aus Namibia am Ngoma Boarder Post verläuft eher unkompliziert aber etwas chaotisch. Der zuständige Mitarbeiter vom Zoll, der unser Carnet de Passage abstempeln soll ist nicht auffindbar. Wir werden an den Beamten direkt am Schranken verwiesen, der uns wiederum zurückschickt. Michael läuft zurück um den Kollegen ausfindig zu machen. Tatsächlich sollte sich innerhalb von 15 Minuten jemand gefunden haben, der eventuell zuständig ist. Leider hat der Herr keine Ahnung, wie er das vorliegende Dokument behandeln soll. Michi kann Abhilfe verschaffen. Einen halben Kilometer später stehen wir vor einem winzigen Häuschen, das immerhin zwei Mitarbeiter beherbergt. Überraschend kompetent erledigen sie alle Formalitäten. Nur die fehlende Landeswährung wird uns zum Verhängnis. Der äußerst höfliche Herr akzeptiert zwar unsere US Dollar, jedoch zu einem äußerst unhöflichen Kurs. Wir verzichten auf eine längere Verhandlungsrunde und schlucken den Verlust. Draußen warten noch die fälligen Desinfektionsmaßnahmen auf uns sowie der Check des Fahrzeuginhalts seitens Polizei. Der beleibte Ordnungshüter hat es sich gerade im Schatten bequem gemacht und deutet uns den Weg zum “Schuhbecken“. Brav treten wir auf einer getränkten Fußmatte hin und her, um unsere Sohlen zu reinigen. Einen winzigen Schreckmoment erlebt Michael, als er beim Treten offensichtlich eine kleine Schlange aufgeschreckt hat, die sich hurtig vor seinen Füßen davon schlängelt. Der Polizist erhebt sich langsam und spricht unserem rollenden Haus Komplimente aus. Der Inhalt wird nur grob hinterfragt. Selbst als wir ihm einen Blick gewähren möchte, winkt er ab und lässt sich wieder in seinen Sessel fallen. Nach weniger als 30 Minuten haben wir es geschafft und rollen durch Botswana.
Der Weg nach Kasane führt mitten durch den Chobe Nationalpark, der für seine vielen Elefanten bekannt ist. Langsam fahren wir durch das Schutzgebiet, sehen von der asphaltierten Straße aus sogar einige Dickhäuter aus nächster Nähe. Angekommen in Kasane hört es nicht auf mit den wilden Tieren. Wenige Meter neben den ersten Häusern finden sich weitere Elefanten ein, dazu gesellen sich etliche Warzenschweine, die gänzlich ohne Scheu zwischen den Menschen herumwandern. Wir parken in der Ortsmitte den Bus, queren die Straße und setzen uns in ein indisches Restaurant. Gelber Dal, grüner Salat und ein Knoblauch Chapati stehen auf dem Speiseplan. Unsere Gaumen erfreuen sich der Abwechslung. Danach stocken wir Vorräte im örtlichen Spar Supermarkt auf. Ines erspäht die erste Schokolade seit langem, kann nicht widerstehen.
Die letzten 30 Kilometer ins Senyati Camp bringen wir ebenfalls gemächlich hinter uns. Immer wieder laufen Elefanten neben der Straße, während übervoll beladene Trucks mit Höchstgeschwindigkeit an ihnen vorbeirauschen. Die Abzweigung zum Camp führt uns auf eine wellige Sandpiste. Der direkte Weg ist nur für Allradfahrzeuge ausgewiesen, die alternative Route führt uns durch eine Siedlung, deren Wege unseren Bus und unsere Konzentration fordern. Ines hat sich vorbereitet und am Navi mehrere Punkte markiert, die passiert werden müssen. Michi muss kräftig hinterm Steuer kämpfen, damit unser Wagen nicht im weichen Sand steckenbleibt – die Spuren sind tief, obendrein geht es noch bergauf. Spät erreichen wir das Camp, das mit einem spektakulären Wasserloch ausgestattet sein soll. Kurz bevor es dunkel wird, sitzen wir vor eben diesem künstlich angelegten Mini-Teich und erleben wie immer mehr Elefanten eintreffen. Anders als unsere bisherigen Beobachtungen der Dickhäuter, erleben wir die Riesen hautnah, ganz ohne Zaun oder sonstiger Sicherheitsvorkehrung. Wir stehen still und erleben aus wenigen Metern Entfernung, wie die Herde ihren Durst stillt. Eine Mutter dirigiert ihr Junges per Rüssel sanft durch die massige Verwandtschaft. Damit noch nicht genug. Der Besitzer des Camps hat direkt am Wasserloch einen Bunker errichtet, der per Tunnel zugänglich ist. Wem die 10 Meter Abstand noch nicht genug Adrenalinschub bieten, der kann die Elefanten aus der Ameisenperspektive erleben. Die Gelegenheit lassen wir uns nicht entgehen und quetschen uns durch den schmalen Gang. Das Schauspiel ist einzigartig: aus der Nähe sehen wir die ausgeprägten Falten der älteren Semester und die Risse an ihren Ohren. Ihren Dung platzieren sie freundlicherweise direkt vor unseren Nasen, so dass wir um dieses Aroma auch nicht umher kommen. Jeder der noch so sanften Schritte der Riesen ist spürbar. Ein Elefant beschnuppert uns sogar, hält dabei seinen Rüssel vor unser Guckloch. Wir geraten in Versuchung ihn zu berühren, trauen uns dann doch nicht. Es ist rasch dunkel geworden, während wir die Zeit um uns vergessen haben.
Nachdem wir abends zum Tröten der Elefanten in unserem Bus eingeschlafen sind, wachen wir morgens zum klappern von Mülltonnen auf. Eine Gruppe Paviane macht sich auf die Suche nach essbaren Überresten und zieht dabei durchs Camp. Am Wasserloch geht es ruhiger zu, einige Zebras und Antilopen grasen in sicherem Abstand. Dafür bekommen wir Besuch von einem zahmen Papagei. Der graue Lourie mit dem Irokesen Gefieder ist laufend bemüht Essbares zu ergattern. Als Alternative gibt er sich auch mit Ines Hut zufrieden oder knabbert an Michis Sonnenbrille. Erst am Abend lassen sich wieder Elefanten blicken. Wir genießen die stillen Momente neben den Riesen und sind bereit am nächsten Tag weiterzuziehen. Alle Vorkehrungen für einen Grenzübertritt nach Zimbabwe sind getroffen. Botswana wird uns erst später wieder sehen. Die Makgadikgadi Salzpfanne und die Kalahari können warten. Am frühen Morgen soll es soweit sein, die Victoriafälle sind zum Greifen nahe.
Gesegnet durch Zimbabwe
Die Ausreise aus Botswana gelingt flott. Die Mitarbeiter des Immigration Office und des Zolls sind kompetent. Einen halben Kilometer weiter erwartet uns ein heruntergekommenes Gebäude, das wenig einladend aussieht. Zuerst müssen wir ein spezielles Visum lösen, das sowohl für Zimbabwe als auch Sambia gilt, um später 30 US Dollar zu sparen. Der Beamte ist erstaunt, dass wir als gewünschte Dauer mindestens dreißig Tage nennen. Michael improvisiert und nennt den Namen zweier Nationalparks im Nordosten, die besonders schön sein sollen. Sichtlich erfreut über die guten Ortskenntnisse, gewährt uns der Beamte die gewünschte Dauer. Die Mitarbeiter sind offensichtlich angehalten, den Touristen möglichst kurze Aufenthalte zu gewähren. Nicht weil Reisende kein Geld ins Land bringen würden, aber weil bei Ausreise jede Überschreitung der eingetragenen Aufenthaltsdauer mit 500 US Dollar bestraft werden kann. Beim nächsten Schalter dürfen wir folgende Gebühren entrichten: Road Tax, Carbon Tax & Insurance Fee. Dafür sollen weitere 50 Dollar fällig werden. Michi versucht zu pokern, legt nur 30 Dollar vor und beteuert nicht mehr zu haben außer noch übrigen kleinen Scheinen aus Botswana. Der Herr hinterm Schalter zögert kurz, gibt sich dann aber einverstanden. Das Grinsen muss Michi unterdrücken. Die letzten Worte werden gewechselt, der Schranken nach Zimbabwe öffnet sich für uns.
Die Strecke nach Victoria Falls und zu den gleichnamigen Wasserfällen führt wiederum durch Naturschutzgebiet über eine ordentlich asphaltierte Straße. Ines möchte ausprobieren, wie es ihr und ihrem Knie beim Autofahren geht und übernimmt für einige Kilometer das Steuer. Genau in dieser Passage passiert es, dass uns ein Mann am Straßenrand wild gestikulierend aufhalten möchte. Anscheinend eine Panne. Wir lassen das Fenster runter und er fragt nach einem Wagenheber, um ihn aus seinem Schlamassel zu befreien. Einige Meter weiter vorne halten wir an. Michael traut der Sache noch nicht ganz, steigt alleine aus und bittet Ines darum, vorerst im Wagen zu warten und die Türen zu verschließen. Der Herr stellt sich kurz als Mr. George vor und als er hört, dass wir aus Österreich kommen, fällt er Michi spontan um den Hals. Er sei so dankbar, dass der allmächtige Gott uns aus dieser Ferne gesendet hat, faltet die Hände und blickt andächtig zum Himmel. Hinter seinem Fahrzeug, stehen noch zwei Frauen, die freundlich aber zurückhaltend lächeln. Die Situation wirkt keineswegs bedrohlich. Als Michael den Wagen anhebt und das Reserverad montiert, kichern die zwei Damen. Dass der fremde Weiße sich obendrein schmutzig macht, finden sie durchaus unterhaltsam. Als das Rad sitzt, hüpft Ines aus dem Bus um dem Szenario beizuwohnen. Mit unserem Stehkalender “Österreich 2018“ landet sie einen Volltreffer. Wir zeigen ihnen Bilder aus der verschneiten Heimat und bekommen im Gegenzug nur „Puhh“, „Ohhh“, „Beautiful“ und „I cannot believe“ zu hören. „Please invite me, please!“ meint George und macht dabei jedem Dackel Konkurrenz. Dann öffnen wir George und seinen beiden Damen noch unser mobiles Heim. Als wir den Vorhang zur Seite ziehen, finden sich die drei Afrikaner schon im Wohn-, Ess- und Badezimmer ein. Kurz überfordert, aber bestens unterhalten beobachten wir das Szenario. Schallendes Gelächter der Frauen ertönt, als Ines ihnen den funktionierenden Wasserhahn präsentiert. Zum Abschied werden wir herzlichst umarmt und seitens George mit einem besonderen Segen ausgestattet.
Gut gelaunt erreichen wir Victoria Falls und erkennen bereits am Ortsrand die hohen Wolken aus Gischt, die die imposanten Fälle erzeugen. Die Wasserfälle gelten gemeinsam mit den Iguazu Fällen in Südamerika als die spektakulärsten weltweit und lassen die bekannten Niagarafälle zwergenhaft erscheinen. Der Sambesi stürzt hier auf einer Breite von 1700 Metern in eine 110 Meter tiefe Schlucht. Dabei fallen in der Regenzeit mehr als 10 Millionen Liter Wasser pro Sekunde hinunter. Unvorstellbare Dimensionen für uns – genau deshalb wollen wir hin.
Zum ersten Mal seit Reisebeginn übernachten wir auf einer Campsite, die in einer Stadt liegt. Wir finden im letzten Winkel des Vic Falls Rest Camp ein ebenes Plätzchen ohne dabei große Adaptierungen vornehmen zu müssen. Das laute Geräusch an der Hinterachse des Busses ist noch immer präsent und Michi versucht nach Ankunft die Ursache auszumachen. Leider ist optisch gar nichts zu erkennen, weder an den Dämpfern, noch an den Blattfedern. Ein Mitarbeiter des Camps marschiert gleichzeitig vorbei und bietet spontan seine Hilfe an. Er kenne zwar vor Ort keine Werkstatt, aber jemanden der Mechaniker sei. Höflich holt er unsere Erlaubnis ein, den Mann zu kontaktieren. Bevor wir eine Stunde später zu Fuß aufbrechen, steht der freundliche Portier namens Prosper wieder vor uns. Im Schlepptau hat er einen anderen Mann, der sich als Mojo vorstellt. Der sei früher Mechaniker gewesen, verdiene aber seit Jahren sein Geld als Busfahrer für Overland Trucks. Auch er kann nichts entdecken, vermutet aber, dass die Blattfedern die Ursache des Ratterns sind. Wir möchten ihn für seine spontane Hilfe gerne einen Drink spendieren, wobei er bescheiden abwinkt. Die Hilfsbereitschaft und Offenheit der dunkelhäutigen Einheimischen in Zimbabwe tut nach den durchwachsenen Erfahrungen in Namibia gut.
Ernüchternd wirken auf uns lediglich die örtlichen Preise. Spitzenreiter ist eine Packung gemahlener Kaffee im örtlichen Supermarkt. Die 250g Packung “Wiener Mischung“ kostet 13,30 US Dollar. Wir verzichten auf das Schnäppchen. Unser anschließender Spaziergang zeigt eine weitere Facette auf: In der Tourismushochburg Victoria Falls säumen viele Bettler die Straßen, die in der Hoffnung ein Stück vom Kuchen zu erhalten, ihre ländliche Heimat verlassen haben. Teils penetrant, manchmal humorvoll aber selten aggressiv möchten sie ein geschnitztes Souvenir an den Mann bringen. Als es heftiger zu regnen beginnt, flüchten wir in ein schmuckes Lokal, dass optisch durchaus auch in europäische Hauptstädte passen würde. Wir essen ausreichend und bestens, bezahlen dafür auch einen saftigen Preis.
Am nächsten Morgen wachen wir zu seltsamen Geräuschen auf. Eine Familie von Meerkatzen hat den Baum, unter dem wir stehen, in Besitz genommen und lärmt. Als wir glauben, die kleinen Affen hätten das Weite gesucht, passiert das Vorhersehbare: ein freches Exemplar schnappt sich unsere Zuckerdose und will das Weite suchen. Michi krallt sich einen Ast und nimmt die Verfolgung auf. Überraschenderweise bringt der Dieb die Beute postwendend zurück. Dafür erklären uns die Affen den Krieg. Der Rabauke hüpft auf dem Baum über unserem Bus und rüttelt wild an den Ästen. Die Geste wirkt wenig einschüchternd, umso mehr aber unterhaltsam, als der erregte Dieb seine blitzblauen Hoden nach vorne presst um uns zu imponieren. Als er dann übermütig mit kleinen Ästen nach uns wirft, wird’s Michael zu bunt. Er borgt sich vom Camp-Nachbarn eine Steinschleuder aus um den kleinen Macho zu vertreiben. Gemeinsam mit dem motivierten Nachbarn selbst gelingt es, den Anführer und seine Meute in die Flucht zu schlagen. Als am Vormittag der Regen immer noch nicht nachlässt, überlegen wir uns eine Alternative zum Besuch der Wasserfälle. Als Highlight sticht uns das 1904 im britischen Kolonialstil erbaute Victoria Falls Hotel ins Auge. Das Hotel bietet seinen Gästen eine Atmosphäre die sich seit über 100 Jahren nicht verändert hat. Feine Herren und Damen trinken ihren Nachmittagstee, während am Abend eine Tanzvorführung der Unterhaltung dient. Den Herrensalon schmücken wertvolle Kunstwerke während der Rauch von Zigarren in der Luft liegt. Wir leisten uns einen Cocktail zu Mittag und warten auf ein Sonnenfenster. Als der Regen kurz nachlässt wandern wir weiter zur Schlucht, wo sich Touristen gegen viel Bares ein “Flying Fox“- oder “Zip-Line“-Erlebnis gönnen können. Wir resignieren aufgrund des wiederkehrenden Regens und der fortgeschrittenen Uhrzeit endgültig, was den Besuch der Fälle angeht und wollen zurück ins Camp marschieren. Am Weg begegnen wir einem bekannten Rudel Verkäufer. Rasch packen sie ihre Sachen und nähern sich, bevor Michi einen Typen direkt mit Namen anspricht. Er fragt ihn, wie die Geschäfte laufen und macht Hoffnung in Form von vielen neuen Touristen, die er morgens auf der Campsite gesichtet hat. Verblüfft aber voller Zuversicht lassen die Verkäufer von uns ab. Offensive macht sich hier definitiv bezahlt. Kurz vor unserem Ziel biegen wir noch zu einem kleinen Markt ab. Zahlreiche Einheimische sitzen unter ihrem Wellblechverschlag und schnitzen, feilen oder basteln an etwas. Als einzige Touristen dort, erreichen uns ihre Zurufe im Sekundentakt. Mit zwei von ihnen ergeben sich tatsächlich interessante Gespräche. Die Händler dort nennen sich berechtigterweise “Artists“ und kämpfen um jeden Dollar. Wir erfahren unter anderem, dass jeder Mann hier mindestens drei Kinder hat. Diesen Kindern wollen sie, entgegen ihrer eigenen Vergangenheit, eine Perspektive in Form von Schulbildung bieten. Die Gebühren dafür sind so hoch, dass wenig oder gar kein Geld für Nahrung oder Kleidung überbleibt. Auf die absurde Idee, nur ein oder zwei Kinder zu zeugen, würden sie nie kommen. Kinder bedeuten nach wie vor soziales Ansehen. Die Männer hier hungern lieber angesehen, als mit einer kleinen Familie besser über die Runden zu kommen. Einer der Verkäufer erfreut sich über Michaels Namensgleichheit und bietet uns an, auch Tauschbares entgegenzunehmen. Begehrt sind Markenartikel die hierzulande kaum erhältlich sind. Leider haben wir unsere Reisegarderobe bewusst bescheiden gewählt und können mit nur wenigen Kleiderstücken aufwarten, die ein wertvolles Logo ziert. Zurück im Bus stöbern wir nach Teilen an den ein populärer Markenname ersichtlich ist. Zwei passende Teile, also eines für jeweils einen der Händler, finden wir.
Am Abend ist Ines in einer ihrer wertvollsten Kompetenzen gefordert. Sie schafft es immer wieder, aus überschaubaren Zutaten fantastische Leckerbissen zu zaubern. Als sie an diesem Abend die Zutaten fürs Abendessen zusammensucht, entdeckt sie eine Ameisenstraße die mitten in unser Gewürzfach führt. Mittlerweile bestens für diese Fälle ausgerüstet trägt nun sie ihren Kampf gegen die unzähligen Invasoren aus. Nur der Honig fällt dem Geschehen zum Opfer, die Zahl der gefallenen Ameisen ist bestimmt dreistellig. Bei strömenden Regen sitzen wir unter der Markise, essen lecker und warten bis der Geruch des Insektensprays unseren Bus verlässt.
Auch am dritten Tag zeichnet sich kein Sonnenschein ab. Wenigstens gibt sich die Affenfamilie freundlicher und turnt in sicheren Abstand, während wir unseren Kaffee trinken. Ines ist motiviert, dem grauslichen Wetter zu trotzen und hinunter zu den Fällen zu marschieren. Ihre Intuition lässt uns nicht im Stich, denn als wir vorm Eingang stehen, lichtet sich der Himmel tatsächlich. Hurtig bezahlen wir den Eintritt und machen uns auf den Weg zum langen Rundgang. An verschiedenen Stellen, die von 1-15 nummeriert sind, kann man einen Blick über einen Ausschnitt der Fälle erlangen. Die ersten drei “Viewpoints“ sind ausgesprochen schön, auch weil uns die Sonne begleitet. Man kann seitlich in die Schlucht blicken und zumindest die ersten Hundert Meter der Wassermassen betrachten. Dahinter ist die Gischt so dicht, das man nur erahnen kann, wie weitläufig die Fälle sind. Auch die nächsten Punkte geben nur einen Ausschnitt preis. Leider ist es wenig angenehm vorne zu stehen und zu fotografieren, weil der Sprühregen den die Fälle erzeugen, einer Frontaldusche gleicht. Vermummt in unseren Regenjacken klappern wir jeden der Punkte ab. Gleichzeitig wird’s wieder dunkler und zur Frontaldusche gesellt sich noch die bekannte Vertikaldusche dazu. Ehrlich gesagt wird’s richtig grauslich. Die Jacken halten der immensen Belastung nicht stand und wir erreichen die letzten Punkte, während das Wasser unsere Unterwäsche flutet. Ines schafft es noch für ein Selfie zu lächeln, Michael hat die Schnauze endgültig voll.
Zurück am Eingang setzen wir uns ins angeschlossene Kaffehaus und hängen einen Teil der nassen Kleidungsstücke auf. Die Socken werden im Blumenbeet nebenan ausgewindet. Trocken werden wir nicht, dafür ergibt sich eine besonders nette Bekanntschaft. Wir fragen die Tischnachbarn, ob sie ebenfalls zurück in den Ort müssen, um sich eventuell ein Taxi zu teilen. Das Paar spricht Deutsch und setzt sich rüber zu uns. Da sie mit ihrem Leihwagen unterwegs sind, laden sie uns auf einen Gratistransfer ein. Kerstin und Andi kommen aus Nürnberg und sind ein Jahr lang auf Weltreise. Südafrika haben sie hinter sich, jetzt verbringen sie einige Wochen in Zimbabwe um danach nach Argentinien weiterzufliegen. Die zwei sind überaus sympathisch, wir tauschen unsere Blogadressen aus und planen am nächsten Tag gemeinsam essen zu gehen.
Am nächsten Nachmittag treffen wir Kerstin und Andi wieder, um zuerst gemeinsam zum Kunstmarkt zu gehen und später etwas zu essen. Michael hat beide Kleidungstücke mit, wir treffen aber nur einen der netten Künstler vor Ort an. Es ist Michaels Namensvetter der uns erwartungsvoll begrüßt. Michi packt das Hemd inklusive begehrtem Logo aus, das er vorgesehen hat. Der Mann reißt sich seine zerschlissene Weste vom Haupt und schlüpft hinein. Es passt ihm bestens, seine Freude drückt er durch Umarmungen und Lächeln aus. Auch Michi geht das Herz über und er möchte ihm noch etwas abkaufen. Wir überlegen, was unsere Wohnung zieren könnte und entscheiden uns für eine fein geschnitzte Zebra Maske.
Gemeinsam mit unseren Freunden aus Deutschland lassen wir uns anschließend Pizza und Bier schmecken, während wir Reiseepisoden austauschen. Die beiden gehören zu der Sorte Mensch, mit denen man durchaus mehr Zeit verbringen kann. Im Glauben Zimbabwe am nächsten Morgen zu verlassen verabschieden wir uns und wünschen den Beiden viel Glück.
Als wir am Morgen unser Camp räumen, hat der hilfsbereite Camp-Nachbar Schwierigkeiten seinen Landrover zu starten. Michael läuft rüber und schiebt mit zwei weiteren Helfern den Wagen an. Der Herr namens Gary bedankt sich und es ergibt sich ein Gespräch. Er fragt nach unserer weiteren Route und hakt ein, als wir sagen, dass wir eine Mercedes Werkstatt in Lusaka aufsuchen möchten. Er meint, er kennt da zwei griechisch stämmige Brüder unweit von hier, die ihm schon mal aus der Patsche geholfen haben. Einen Versuch ist‘s wert, denken wir und suchen die Werkstatt auf. Als wir in den Hof einfahren, erkennen wir zwischen mehreren LKWs tatsächlich ein helles Gesicht. Mike stellt sich kurz vor, meint aber, dass er gerade keine Zeit aufbringen kann. Eine Stunde später sollen wir nochmals anrollen. Das tun wir, um ihm und einen seiner Jungs einen Blick unter den Bus zu gewähren. Auch für die Spezialisten ist kein Schaden ersichtlich. Ein Mechaniker presst die Blattfedern auseinander um die Gummiplättchen zu schmieren, während Michi den Dreck dazwischen per Kompressor entfernt. Zwei Probefahrten und Fehldiagnosen später, lässt sich der Chef persönlich zu einer Fahrt im Bus hinreißen. Er steht im Heckbereich und lauscht aufmerksam um anschließend sein Fazit zu ziehen: der Stoßdämpfer rechts hinten ist hinüber. Am fortgeschrittenen Nachmittag läuft Michael mit einem der Mechaniker und dem ausgebauten Stoßdämpfer bewaffnet, von Hinterhof zu Hinterhof um verschiedene Ersatzteilhändler aufzusuchen. Hinter der dreckigsten Tür werden sie fündig. Ein paar neuer Stoßdämpfer ähnlicher Bauweise wird gefunden und eingepackt. Glücklicherweise handelt es sich in Punkto Belastung um das Luxusmodell unter den Verfügbaren. Zwei Stunden später rollen wir dreckig und zufrieden mit neuen Dämpfern an der Hinterachse wieder in die Campsite ein.
Zurück im Camp ist Gary noch da und wir beschließen, uns mit einem Tropfen Schnaps aus der Heimat für seinen Tipp zu revanchieren. Dass der alte Veteran schon eine halbe Flasche Whisky geleert hat, wissen wir zu diesem Zeitpunkt nicht. Er freut sich über unseren späten Besuch, öffnet seine Kühlbox und streckt uns zwei kalte Bierdosen entgegen. Dann erzählt er lange von sich und seiner Vergangenheit. Geboren im damaligen Rhodesien, ist er in Zimbabwe einheimisch. Mit 18 Jahren musste er sich wie alle weißen Einheimischen entscheiden, ob er in den Bürgerkrieg ziehen, oder stattdessen in einer Gefängniszelle schmoren möchte. Er hat sich für den Krieg und ein Leben im Busch entschieden. Als er Jahre später die Gelegenheit bekam nach Schottland zu fliehen, nutzte er diese. Dort zum Ingenieur ausgebildet, kehrte er nach Afrika zurück und seine Familie wiederzufinden. Er lädt uns auf seine Farm in der Nähe von Kapstadt ein, gerne werden wir versuchen dieser Einladung nachkommen.
Als wir am nächsten Morgen unsere Sachen im Bus verstauen, lässt es sich Prosper nicht nehmen, uns persönlich zu verabschieden. Er bittet uns, darüber nachzudenken in Zimbabwe zu bleiben um hier eine Existenz zu gründen. Für uns ist es jedoch an der Zeit dem Regen zu entfliehen. Es ist Anfang Februar und Ines Geburtstag rückt immer näher. Michael will ihr gerne einen Sonnenuntergang am Meer schenken. Dazu müssen wir die Victoria Falls Bridge überqueren um vorerst nach Sambia zu kommen.
Die Begegnungen in Zimbabwe haben Spuren hinterlassen. Jemanden zum Lächeln zu bringen gehört jedenfalls zu den besten Dingen, die man machen kann.
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Ula &Josef (Mittwoch, 21 Februar 2018 00:41)
Ganz TOLL eure Erfahrungen! Dieser Bericht ist spannend und aber auch lustig zu lesen - man lebt richtig mit. Wir freuen uns dass es euch gut geht! Wir wünschen euch auch weiterhin so viele gute Erlebnisse und Eindrücke.
Alles Liebe und Gute von den Burgenländern
Mäx (Mittwoch, 21 Februar 2018 13:54)
Super cooler Bericht - as usual. Keep on rollin!
Sarah (Mittwoch, 21 Februar 2018 14:20)
wie immer, einfach toll zu lesen!
und liebe ines: happy birthday! �
Mariella (Mittwoch, 21 Februar 2018 20:58)
Ist ja cool was ihr erlebt � und welche Menschen ihr kennen lernt. Alles Gute zum Geburtstag von uns 4 �❤️und noch weitere tolle Erlebnisse. Bussi �
Ula und Josef (Donnerstag, 22 Februar 2018 14:50)
Hallo liebe Ines,
jetzt plagt mich schon das Gewissen, als ich zuletzt geschrieben habe, wollte ich, aber habe leider vergessen dir zum damals bevorstehenden Geburtstag zu gratulieren. Aber dies hole ich jetzt nach und wir wünschen dir alles, alles Liebe (auch im Nachhinein nicht minder herzlich) viele Bussi, und habt weiterhin eine so schöne, spannende Reise. Seid ihr eigentlich schon am Meer? Bei uns im Burgenland schneit es schon seit Tagen. Tagsüber setzt sich der Schnee zwar ein wenig,(die Temperaturen sind ja schon ein wenig wärmer), aber er ist immerhin schon auf gute 30-40cm angewachsen. Für Burgenland viel und auch schon lange. Ich freue mich jedenfalls das die Landschaft schön weiß ist und die Schneeschuhwanderung auf der Teichalm nächstes Wochenende muß nicht in eine normale Wanderung umgewandelt werden. Also macht es gut, bleib Gesund feiert fröhlich und laßt es euch beiden gut gehen.
Freuen uns schon auf eure nächsten Reiseberichte. Alles Liebe Ula und Josef