Ein grottenschlechter Führer
Die "Grand Nation" feiert pünktlich zu unserer Ankunft ihren Nationalfeiertag. An unserem Übernachtungsplatz in den Bergen werden wir wohl wenig von den Feuerwerken und Paraden erleben. Auch gut. Ines navigiert uns über eine gewundene Bergstraße weit nach oben über das Dorf Etsaut, wo wir an einem Wanderparkplatz die Nacht verbringen wollen. Die Straße wird immer enger, Äste hängen tief und ich bin mir zunehmend unsicher, ob wir hier richtig sind. Aber wie immer, führen die mühsamen Etappen zu den schönsten Orten. Hoch oben in den Pyrenäen finden wir das schöne Plätzchen, dass sich hervorragend zum Verweilen eignet. Das Wetter spielt mit und wir genießen den Ausblick auf das Tal und die umliegenden Berge bis zum Sonnenuntergang. Über uns ziehen Geier ihre Kreise, lassen sich von der Thermik nach oben wirbeln.
Der dichte Nebel, der am Morgen entlang der Bergflanken aufsteigt, hindert uns nicht daran, unseren Plan umzusetzen. Unserem ersten Halt in den Pyrenäen soll natürlich eine Wanderung folgen. Durch dichte Wälder und über rutschige Felsen führt uns ein Pfad hinauf, der seit Jahrhunderten Pilgern wie Schmugglern gleichzeitig gedient hat. Die Aussicht auf der Passhöhe ist weniger spektakulär als erwartet, wobei auch der Nebel ein wenig Spielverderber spielt. Dafür hat das Wandern mit meiner Liebsten auch immer einen lehrreichen Charakter. Sie findet entlang der Pfade immer wieder nützliche und seltene Pflanzen, die sie mir präsentiert. Zurück beim Bus sind wir uns erstmals noch nicht ganz einig. Ines wirft ein, das wir heute noch Kilometer machen könnten und das nebelige Wetter hier oben uns ohnehin erhalten bleibt. Mir gefällt der ruhige Platz in den Bergen weiterhin und erst nach dem Duschen bei einer Tasse Kaffee finden wir einen Kompromiss. Wir bleiben zwar in den Bergen, fahren jedoch noch eine gute Stunde weiter nördlich in ein kleines Kaff. Dort hat mich, neben den Argumenten meiner Frau, auch die Aussicht auf einen Basketballplatz hingelockt. Den finden wir, genauso wie eine Parknische mit Blick auf eine Kirche. Die Dorfromantik in den französischen Bergen kann sich sehen lassen. Neben dem Basketballplatz befindet sich ein Kindergarten, wo zu unserer Überraschung auch am späten Nachmittag noch Betrieb herrscht. Nach meiner Sporteinheit bekommen wir von einer freundlichen Mitarbeiterin des Kindergartens Besuch. Sie mimt Klopfgeräusche nach, als sie vor der Schiebetür steht und erkundigt sich, ob wir den hier übernachten wollen. "Oui,oui, pas de probleme!" meint sie, um anzufügen dass jedoch ab 7:30 die ersten schreienden Kinder uns möglicherweise aus dem Schlaf reißen könnten. Wir haben ohnehin nicht vor, länger zu schlafen, weil wir Vormittag bereits einen Ausflug im Sinn haben, erkläre ich ihr.
Nach dem Abendessen starten wir noch eine kleine Runde durch das hübsche Dörflein, das anscheinend gänzlich ohne Geschäft oder Dienstleister auskommt. Wenigstens ein Wirtshaus finden wir, das jedoch geschlossen ist. Als wir uns ins Bett legen, erlange ich eine fiese Erkenntnis. Die Kirchenglocke direkt nebenan läutet auch um 23:00 noch. Und zwar weiterhin doppelt, zu jeder Viertelstunde! Ich denke kurz über Ohrstöpsel nach, möchte aber Ines nicht stören, die bereits wegschlummert. Erst weit nach Mitternacht und viele Glockenschläge später, gelingt es mir einzuschlafen.
Etwas gerädert fahre ich uns am Vormittag zu unserem Ausflugsziel. Die Grotten von Betharram sind die größten erschlossenen Tropfsteinhöhlen ganz Frankreichs und liegen nicht weit von uns entfernt. Über 5 Kilometer führen die unterirdischen Gänge in Betharram, wovon die Hälfte für Besucher zugänglich ist. In 5 Etagen, die bis zu 80 Meter tief unter der Erde liegen, können Besucher zu Fuß die Grotten besichtigen und werden, als spezielle Attraktion, sogar ein Stück weit per Boot und Bahn durch die Dunkelheit geschleust.
Von Besucherparkplatz bringt uns ein Bus zum Eingang der Grotten, der einige Kilometer oberhalb liegt. Als einzige, nicht französische Gäste, wurde unser Ticket von der Kassiererin vorab mit "GER" gekennzeichnet, um uns zum richtigen Audioguide zu verhelfen. Während mein Hilfsgerät von Beginn an nicht funktioniert, freue ich mich für Ines, dass ihr Ohrstöpsel Infos preisgibt. Der junge Führer, der seinen Ferialjob nur widerwillig nachgeht, erzählt ohnehin nichts. So zeigt mir Ines, auf welche Formation man besonders achten soll und an welchen Stellen man Stalagmiten und Stalaktiten beobachten kann, wie sie zu einer Säule verschmelzen. Bei zwei Exemplaren, denen nur mehr ein halber Meter zur Vereinigung fehlt, müssen wir bei einem Wachstum von 1cm/ 100 Jahre, also nur mehr 5000 Jahre warten. Beim Anblick der mächtigen Säulen, wird einem unweigerlich bewusst, wie verschwindend kurz unsere Lebensspanne doch ist. Der Rundgang ist mittlerweile stimmungsvoll beleuchtet. Die Bilder, die die ersten Entdecker, durch das Licht ihrer Fackeln erkennen konnten, müssen jedoch ungleich dramatischer und abenteuerlicher gewesen sein. An der Stelle, an der wir über die steilen Treppen eines Stahlgerüsts nach unten klettern müssen, öffnet sich die Erde wie ein riesiger Schlot. Nicht so epochal, wie das Reich des Zwergenkönigs Durin (aus Herr der Ringe), aber doch beeindruckend. Tief unten erreichen wir einen Schacht, der über die Grenze zweier Bundesländer verläuft, wie mir Reiseleiterin Ines erzählt. Die anschließende Bootsfahrt dauert nur wenige Momente und ist eher ein Gag, als spannend. Als der junge Führer unsere Audioguides erspäht, versucht er sich unverhofft darin, lustig zu sein und salutiert vor uns mit den Worten "Willkommen, Deutschlannnnnd!". Dabei ahmt er die strenge Stimme des wohl unbeliebtesten Österreichers aller Zeiten nach, der stets den Deutschen zugeschrieben wird. Ich verzeihe keine Miene und sage ihm im Vorbeigehen, dass wir aus Österreich kommen. Der junge Mann taugt weder als Führer von Touristen, noch als Führer auf der Kabarettbühne. Aber gut, darum geht's es bei Ferialjobs doch auch: herauszufinden was passt und was weniger. Das Trinkgeld lassen wir jedenfalls stecken.
Bei der Suche nach unserem nächsten Halt hat unser praller Schmutzwäschesack Priorität. Wir wollen uns wieder mal die Annehmlichkeiten eines Campingplatzes, konkret, die einer Waschmaschine, gönnen. In unserer unmittelbaren Nähe liegt die Stadt Lourdes, die gemeinsam mit Jerusalem, Rom und Santiago de Compostela, zu den bedeutendsten christlichen Wallfahrtsorten der Welt zählt.
Der schön angelegt Campingplatz "Camping de la foret" liegt ein Stück über der Stadt, ist jedoch nur einen 20 minütigen Spaziergang von der Kathedrale entfernt. Wir bekommen am frühen Nachmittag den letzten Platz zugewiesen (der nur 1 Nacht verfügbar ist) und machen uns rasch auf die Suche nach der Waschmaschine. Während wir die Leinen spannen, schweifen unsere Blicke über den restlos gefüllten Campingplatz. Jede Nische ist besetzt. Autos, Zelte, Wohnwagen und (überraschend wenige) Wohnmobile oder Vans reihen sich dicht an dicht. Schreiende Kinder spielen zwischen fremden Zelten Verfolgungsjagd und schreien sich die Seele aus dem Leib. Wir überlegen, kurz in den Pool zu flüchten, scheitern aber an der Bekleidungsvorschrift. Anders als in Spanien, wo wir uns mit Schwimmhauben eindecken mussten, sind Männer hier verpflichtet, aus Hygienegründen, auf Badeshorts zu verzichten. Nachdem ich mir keine Löcher in die Silikonhaube schneiden möchte, um mit den Beinen hindurchzuschlüpfen, muss ich passen. Auch Ines verzichtet darauf, Franzosen in Tangahöschen beim Baden Gesellschaft zu leisten. Sie hilft mir lieber mit der Wäsche, um danach schneller in die Stadt aufbrechen zu können.
In dem Glauben, die großen Touristenschwärme bereits zu verpassen, wandern wir entlang des Gave de Pau, der Fluss an dessen Ufer 1858 der (mittlerweile) Heiligen Bernadette mehrmals die Jungfrau Maria erschienen sein soll und ihr unter anderem auch Aufgaben zugeteilt hat. Eine dieser Aufgaben war der Bau eines Gotteshauses, das aktuell von über 3,5 Millionen Menschen pro Jahr besucht wird. An Fuße der heutigen Basilika befindet sich die Grotte von Massabielle, wo eine Statue an der Stelle platziert wurde, wo die Marienerscheinungen stattgefunden haben sollen. Hinter ihr bringt eine Quelle Wasser zum Vorschein, von dem sich Gläubige Kur und Heilung erhoffen. Der riesige Bereich um die insgesamt drei Basiliken wird als "Heiliger Bezirk" bezeichnet und nimmt einen großen Teil der Stadtfläche von Lourdes in Anspruch.
Wir werden jedenfalls von einem Strom von Gläubigen erfasst, der sich in Richtung des Heiligtums bewegt. Vorrangig sind es ältere Menschen, die unseren Weg teilen. Dazu fallen uns die vielen Menschen auf, die in Rollstühlen geführt werden.
Vor der Grotte, wo gerade der Gottesdienst auf Italienisch abgehalten wird, beobachten wir unzählige Menschen beim Abfüllen von Flaschen. Manche führen Kanister mit sich, andere mehrere kleine Souvenirgläser, die mit nach Hause gebracht werden. Auch wir füllen unsere Trinkflasche an einem freien Wasserhahn und waschen uns das verschwitzte Gesicht. "Hüfts nix, schods nix" sagen wir Österreicher so treffend. Anschließend statten wir den Basiliken, die von außen imposanter erscheinen, einen Besuch ab und knipsen ein paar Fotos. Obwohl die Gotteshäuser am Ende der Pilgerstrecke wiederum auf Eintrittsgelder verzichten, so wartet doch neben jedem Eingang ein moderner Spendenautomat, wo Willige per Kreditkarte oder Handyzahlung ihren Dank ausdrücken können.
Wir marschieren danach geradewegs ins eigentliche oder andere Lourdes, abseits des "Heiligen Bezirks". Zumindest wollen wir herausfinden ob es das gibt. Aber auch dort dreht sich alles um die Jungfrau Maria, Bernadette und aller Hand Heiliger. Jedes Geschäft trägt ihre Namen, verkauft ähnliche Souvenirs und Erinnerungsstücke aus Lourdes, wobei Trinkbehälter und Kerzen in allen Größen wohl die Topseller sind. Sogar einen "christlichen" Supermarkt gibt es, der auf zwei Stockwerken fromme Konsumenten zufriedenstellt. Unser Spaziergang ist durchaus unterhaltsam. Schöne Ecken abseits der Touristenströme finden wir jedoch nicht.
Zurück am Campingplatz freuen wir uns über trockene Wäsche und genießen die angenehmen Abendtemperaturen am Abend. Am Morgen sind wieder froh den Platz zu verlassen. Gerne wieder weniger Komfort und dafür mehr Ruhe ringsum. Den ruhigen Platz suchen wir weiter nördlich in der Nähe von Marmande, einer Stadt an der Garonne.
Von Bordeaux zum Obstgarten
Wir entscheiden uns für die mautfreie Strecke durch die Pampa und kommen gut voran. Ines genießt die Landschaft besonders. "Da würden wir es auch aushalten, oder?" merkt sie treffenderweise an. Die ländliche Gegend der Provinz "Occitanie" gefällt uns sehr. Sonnenblumen wohin das Auge reicht, dazwischen gepflegte Häuser aus Stein samt hübschen Vorgärten, während sich im Rückspiegel die Pyrenäen erheben.
Unser Stellplatz für die Nacht liegt an einem Kanal entlang der Garonne, der Fluss der in den Pyrenäen entspringt und in der Antike die Grenze zwischen Aquitanien und Gallien gebildet hat. Der Platz ist schön und bis auf kleine Ausflugsboote, die regelmäßig an uns vorbeiziehen, auch wesentlich ruhiger als der Campingplatz, den wir am Morgen verlassen haben. Von einem Obsthändler, der seinen kleinen Stand in der Nähe aufgebaut hat, kaufe ich eine sogenannte "Marmande-Tomate", die Spezialität der Region. Das Stück wiegt ein halbes Kilo! Der "fleischige" Paradeiser hat es in sich. Magnifique!
Am nächsten Tag wollen wir der Großstadt Bordeaux besuchen und haben abermals Glück beim Parken. Direkt im Stadtzentrum werden wir vis-a-vis vom eigentlichen (Bezahl)Parkplatz auf eine andere Fläche gewiesen, wo bereits etliche Fahrzeuge parken. Nur dieses Wochenende kann hier (kostenlos) geparkt werden, erklärt der Wärter und verschwindet wieder, bevor ich ihn fragen kann warum. Ein möglicher Grund könnte der große Trubel in der Altstadt sein. Über den Gassen hängen Plakate, auf denen "Braderie" prangt. Es ist das Wochenende des jährlichen Straßenmarktes in Bordeaux. Quelle belle surprise! Wir sind zwar anfänglich überfordert, in welche bunte Gasse wir zuerst abbiegen sollen, aber gleichzeitig begeistert von der angenehmen Atmosphäre. Märkte mögen wir besonders und der hier wird keine Ausnahme. Bordeaux ist durchwegs hübsch, wenn man es zu Fuß erkundet und die vielen Dekorationen tun ihr übriges. "Unangenehmerweise" sind auch die Preise in den Läden an diesem Wochenende reduziert, was diesmal mich, statt meiner Liebsten in Versuchung bringt. Nachdem mir eine meiner beiden Badehosen abhanden gekommen ist und die zweite sich demnächst auflöst, fällt die Wahl auf ein "Amphibien-Modell" einer bekannten Surfmarke. Ines redet mir gut zu und gleichzeitig erinnere ich mich an Hari, der vor Monaten in Tarifa bereits gemeint hat "kaf da so ane, die san guad!". Zwei Stück zum unschlagbaren Preis und noch ein wenig mehr wandert in ein Sackerl. Danach überkommt mich kurz das nervige schlechte Gewissen, das mich an meine selbstauferlegte "Konsumabstinenz" erinnert. Ines kennt mich bestens, leistet Soforthilfe und bestärkt mich noch einige Minuten in meinem Kauf.
Ein wenig Sightseeing rund um die Kathedrale lenkt ebenso ab. Dazu finden wir in den Gassen neben vielen Graffitis auch andere gelungene Formen von Street Art, wie Stencils und Mosaike. Am späteren Nachmittag erreichen wir schließlich das Ende der Fußgängerzone wo Garküchen und orientalische Imbissbuden eifrig um Kunden ringen. Ein klein wenig Naschmarkt in Bordeaux. Unseren Zuschlag erhält ein syrisches Lokal, wo wir uns eine Portion Falafeln fürs Abendessen einpacken lassen. Auch am Rückweg zum Bus entdecken wir noch ein paar hübsche Gassen und Plätze, die wir zügig hinter uns lassen, weil die Zeit heute buchstäblich verflogen ist.
Der kleine Ort Bourg, rund 40 Kilometer nördlich von Bordeaux bietet Campern einen kostenlosen Stellplatz direkt außerhalb der mittelalterlichen Burganlage an. Auf dem großen Platz, stehen zu unserer positiven Überraschung nur drei weitere Fahrzeuge als wir ankommen. Eine hübsche Nische in der hintersten Ecke wird unser Zuhause und wir sind abermals dankbar, dass es in Frankreich, wie bereits in Spanien und Portugal, so viele dieser kostenlosen Stellplätze gibt, die exklusiv für Wohnmobile reserviert sind und bezüglich ihrer Lage, oft mehr bieten als die meisten Campingplätze. Das "Extra" an diesem Stellplatz sind, neben der Aussicht auf eine Burg, die verschiedenen Obstbäume mit ihren reifen Früchten. So wird das gemeinsame Pflücken von Kriecherl, Zwergpflaumen und Schlehdorn unser romantisches Abendprogramm. "Mhmm, die sind ja voll reif!" meint Ines, die den bunten Mix gleichzeitig nascht, als wären es saure Fruchtgummis.
Am nächsten Morgen warten wir ab, bis sich der Regen verzieht und spazieren dann, durch die offen zugängliche Burganlage hinauf in die Stadt. An einigen Stellen finden sich Hinweisschilder, die auf historische Ereignisse zurückblicken und Besuchern die lange Geschichte des Ortes näherbringen. Da Bourg nicht sonderlich groß ist, sind wir nach zwei Stunden auch schon wieder fertig mit dem Rundgang, kaufen noch ein paar Lebensmittel und kehren zu unserem "Obstgarten" zurück.
Der Regen kehrt am darauffolgenden Tag mehrmals zurück und beschert uns einen Ruhetag, den wir sinnvoll nutzen können. Wir finden wieder Zeit für Sporteinheiten und die weitere Routenplanung. Die Wetteraussichten sind gegenwärtig besonders trüb. Nicht nur Österreich, wie uns Freunde berichtet haben, sondern auch in Frankreich soll sich der Sommer ab sofort eine Pause auf unbestimmte Zeit gönnen. Da es überall kühler und regnerisch wird, fällt es uns immerhin leichter auch wieder einen längeren Fahrtag einzulegen.
Ein Elefant mit Heckantrieb
So kommt es, dass wir am kommenden Tag Bourg verlassen und nach Norden ins "Pays de la Loire" fahren, dass südöstlich der Bretagne liegt. Vorbei an Rochefort und La Rochelle führt uns der Weg bis in die Stadt Vieillevigne. Der Stellplatz kann es vom Ambiente her mit dem vorherigen zwar nicht aufnehmen, dafür duftet es vom Bäcker ums Eck zu uns hinüber. Außerdem liegt der Ort nicht weit entfernt von Nantes, der Hauptstadt der historischen Bretagne und Heimat von Jules Verne. Parkplätze oder gar Stellplätze gibt es dort nicht für uns. Deshalb beschließen wir, am nächsten Morgen mit dem öffentlichen Bus, dort hin zu fahren.
Der Bäcker leistet einen wertvollen Anteil an unserem Lunchpaket und als wir zu Fuß mit unseren Rucksäcken zur Haltestelle marschieren, kommt heitere Ausflugsstimmung auf.
Der Bus, den abermals eine Chauffeurin lenkt, hält in jedem Kuhdorf und setzt uns trotzdem pünktlich am Busbahnhof von Nantes ab. Zur Orientierung setzen wir uns in ein Café und legen uns einen groben Zeitplan zurecht. Den Vormittag widmen wir der Altstadt, flanieren, besuchen die Kathedrale, regionale Spezialitätenläden und abschließend das herrliche Schloss von Nantes, das als "Schloss der Herzöge der Bretagne" bekannt ist. Dort dürfen wir über die gesamte Länge der imposanten Wehrmauer wandern und unsere Blicke über Nantes schweifen lassen.
Der Nachmittag gehört einem besonderen Ziel. "Les machines de l'ile" ist ein Ausstellungszentrum und Museum, wo unter anderem Visionen von Jules Verne oder Leonardo da Vinci zum Leben erweckt wurden. Seit 1991 entwerfen Künstler, Handwerker und Architekten gemeinsam spektakuläre mechanische Objekte, die man besichtigen kann. Unser Spaziergang dorthin führt uns erstmals abseits der Altstadt durch ein Viertel, wo man Abends weniger gern unterwegs sein möchte. Junkies, Glasscherben und demolierte Autos sind ebenso Teil französischer Städte und dabei nur einen Steinwurf vom sauberen Zentrum entfernt. Als wir denken, die zwielichtigen Ecken hinter uns gelassen zu haben, wird Ines völlig unverhofft von einer ziemlich "fertigen" fremden Frau heftig angerempelt. Meine Frau bleibt ruhig, während ich kurz überlege der Fremden ein paar Worte nachzurufen.
Als wir das große Gelände erreichen, sind wir gespannt auf die Ausstellung und den 12 Meter hohen und 40 Tonnen schweren mechanischen Elefanten, von den man sich transportieren lassen kann.
Eine Horde von Menschen ist uns an diesem trüben Nachmittag leider zuvor gekommen. Die Ausstellung ist auf eine geringe Besucherzahl begrenzt und die Wartezeit für den nächsten Einlass wird knapp 90 Minuten betragen, sofern wir diese Zeit in einer Schlange wartend verbringen wollen, teilt uns eine freundliche Mitarbeiterin mit. Vorreservierungen bzw. "Time-Slots" werden nicht angeboten, an diesem trüben Ferientag herrscht einfach riesiger Andrang. Wir belassen es bei einem Rundgang und erleben immerhin den Elefanten bei seinem Einsatz. Aus einer vorgelagerten Kanzel wird der Koloss von einem Fahrer gesteuert, während ein anderer Mitarbeiter vorne weg marschiert und dafür sorgt, dass niemand unter die Räder kommt. Anstatt eines Herzens, treibt ein Gestell am Heck, von der Größe eines Traktors, den Riesen im Schritttempo voran. Die Beine des Elefanten bewegen sich, so wie der Rüssel, detailgetreu. Zwischen den Gelenken kann man Teile des mechanischen Innenlebens wie Gelenke, Stoßdämpfer und Leitungen erkennen. Über 50 Personen finden am Außendeck Platz und beobachten aus erhöhter Position die Welt unter sich. Kinder machen sich am Boden einen Spaß und "provozieren" den Elefanten in der Hoffnung, eine Ladung Wasser aus dem Rüssel abzubekommen. Manchen gelingt es, während andere eine unfreiwillige Dusche abbekommen.
Wir bleiben Achtsam, kehren auf einem anderen Weg in der Altstadt zurück und gönnen uns in eine letzte Stärkung, bevor wir uns auf den Rückweg machen.
Nantes hat uns überwiegend gut gefallen und war jedenfalls einen Ausflug wert.
Ein letzter Zwischenstopp im Herzen der Bretagne steht noch an. Kurz vor Rennes halten wir in Crevin, wo sich Sonne und Regen im 10 Minuten-Takt abwechseln. Deshalb nutzen wir in einem nahen Waschsalon auch den Trockner und müssen anschließend feststellen, dass der seine Arbeit nicht vollends geleistet hat. So installiert Ines, womöglich inspiriert durch den Besuch in Nantes, eine mehrfach justierbare Wäscheleine im Bus. Bravo, c'est genial! Weiter im Norden, an der Atlantikküste der Normandie, können wir trockene Wäsche brauchen. Dort wartet, neben trüben Wetteraussichten, das wohl größte Highlight unserer Frankreichdurchquerung auf uns.
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Ula (Sonntag, 17 August 2025 14:42)
Sehr schöne Reise, viele Eindrücken die ihr sammelt die wir miterleben dürfen.Danke! Weiterhin wünschen wir euch eine schöne Reise!